Das könnte teuer werden: Wenn das Finanzamt Ihre Einkünfte schätzt
Im Zuge der COVID-19-Pandemie haben die Finanzbehörden Erleichterungen für die Steuerpflichtigen geschaffen, in dem sie bspw. Vorauszahlungen anpassen, Stundungen gewähren und auf Vollstreckungsmaßnahmen verzichten. Unabhängig davon hat sich an der Verpflichtung, Steuererklärungen abzugeben und Steuern zu zahlen, nichts geändert.
Daher soll auf eine wichtige Vorschrift des Steuerrechtes hingewiesen werden. § 162 Abgabenordnung (AO) räumt den Finanzbehörden die Möglichkeit ein, „die Besteuerungsgrundlagen“ zu schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder berechnen können. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Steuerpflichtiger über seine eigenen Angaben „keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft […] verweigert“.
Diese Regelung klingt unspektakulär, hat allerdings schwerwiegende Folgen. Die Befugnis der Behörde, die „Besteuerungsgrundlagen“ zu schätzen, bedeutet nämlich nichts anderes, als dass das Finanzamt die Höhe der Einkünfte schätzt, wenn der Steuerpflichtige keine Steuererklärung abgibt oder die Angaben in der Steuererklärung nicht belegen kann.
Das Finanzamt darf eine Schätzung zwar erst vornehmen, wenn es vergeblich versucht hat, den Sachverhalt zu ermitteln. Inhalt und Umfang dieser Ermittlungspflicht sind allerdings umstritten und münden nicht selten in Verfahren vor dem Finanzgericht. Die Finanzämter beschränken sich häufig auf die Anforderung von Unterlagen. Kommt dem der Steuerpflichtige nicht nach, macht das Finanzamt von der Schätzungsbefugnis Gebrauch.
Es liegt auf der Hand, dass Schätzungen - jedenfalls nach Ansicht der Steuerpflichtigen – regelmäßig erheblich zu hoch liegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass unabhängig vom evtl. Motiv der „Steuermaximierung“ auch ein sorgfältiger Finanzbeamter kaum in der Lage ist, die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen vollständig korrekt zu ermitteln. Hier kann eine konkrete Glaubhaftmachung in direkter Besprechung mit den Finanzbehörden oft Hilfe bringen.
Insoweit lässt sich festhalten: Geben Sie keine Steuererklärungen ab oder können Sie die in der Steuererklärung getätigten Angaben nicht belegen, droht eine Hinzuschätzung von erheblichem Umfang, die häufig in gerichtliche Auseinandersetzungen mündet. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich, fachkundigen Rat einzuholen – spätestens dann, wenn das Finanzamt mit Schätzung droht.
Friedrich-W. Brenzel
Rechtsanwalt und Steuerberater
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